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Friday, September 11, 2009

Schreiben des Opferjuristen Michael Witti an STIFTUNG "ERINNERUNG, VERANTWORTUNG UND ZUKUNFT" re Entschädigunsfragen am »RUNDEN TISCH HEIMKINDER«

Schreiben von Jurist Michael Witti an Herrn Günter Saathoff vom 11.09.2009

[ Münchener Opferjurist, Entschädigungsexperte, Rechtsberater und Advokat Michael Witti ]

MICHAEL WITTI
[ Human Rights Lawyer - Menschenrechtler - Völkerrechtler ]
Possartstrasse 9, 81679 München
Tel.: 089 38157075
Fax: 089 6885372
e-mail:
info@michaelwitti.de
Internet:
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Stiftung "Erinnerung, Verantwortung und Zukunft"
Herrn Günter Saathoff
Lindenstr. 20-25
10969 Berlin
Tel.: +49 (0)30 25 92 97-0
Fax: +49 (0)30 25 92 9742


11. September 2009

Betr.: Runder Tisch ehemalige Heimkinder

Sehr geehrter Herr Saathoff,

unten beigefügt, sehen Sie einen Teil Ihres Vortrages vor dem Runden Tisch ehemalige Heimkinder.

Sie erklären dazu unter Missbrauch Ihrer Funktion als Vorsitzender der Stiftung Erinnerung, Verantwortung, Zukunft, dass die Zahlung an die NS-Zwangsarbeiter lediglich symbolischen Charakter hatte und die durchschnittliche Zahlung bei ca DM 2600 EUR lag.

Sie unterdrücken dabei wohl bewusst, dass einzelne Opfergruppen der NS-Zwangsarbeiter, wohl mehr als eine symbolische Zahlung erhielten.

Die von mir vertretenen jüdischen Mandanten – eine knapp mehr als sechstellige jüdische Gemeinde – erhielten eine Einmalzahlung von DM 15000.–

Sie erinnern sich, dass damals von Ihrer Regierungspartei auch deshalb Widerstand für höhere Zahlungen ausging, weil Ihre Partei Vortrug, dass meine Mandantschaft grösstenteils bereits für den Zeitraum der Zwangsarbeit laufende Rentenleistungen nach dem BEG erhielt.

Gleichwohl – und auch das unterdrücken Sie – ist es uns gelungen im Schatten der Zwangsarbeiterverhandlungen ein Ghettorentengesetz – ZRBG – auf den Weg zu bringen. Ich erinnere mich noch gut, wie ich Sonderbotschafter Bindenagel diesbezüglich zuarbeitete. Es gelang substantielle Zahlungen an meine Mandantschaft, quasi ausserhalb des öffentlichen Bewusstseins durchzusetzen.

Ergebnis war jedenfalls, dass unmittelbar nach den NS-Zwangsarbeiterverhandlungen meine Mandantschaft eine monatliche Rente zwischen 200 und 500 EUR und Einmalzahlungen zwischen 10000 bis 30000 EUR erhielt und zwar auch als Witwe/Witwer.

Berücksichtigt wurde hier – als Zuerkennungskriterium – ausdrücklich der Zeitraum der Zwangsarbeit !!

Ich halte also fest, dass Ihre Nachricht zu den Zahlungen an NS-Opfern irreleitet und auf meine Mandantschaft nicht zutrifft. Ich bin nicht für Ergebnisse derer verantwortlich, die mich nicht mandatierten.

Meine Mandantschaft erhielt im Zuge des Gesamtkomplexes:
DM 15000.– plus nun EURO 10000.– bis 30000.– plus monatliche Rente von 200.– bis 400.– EUR


Ich bin froh, dass vorgenannte Beträge mehr als eine symbolische Zahlung sind.

Zum Thema, dass auch dieser Betrag dem Leid meiner Mandantschaft unangemessen ist, erinnere ich Sie, dass Ihre Partei in Regierungsverantwortung war und die BRD damals, mithin auch Sie, sich vehement vor US Gerichten gegen die Zwangsarbeiter einsetzten ( siehe complex amicus curiae Schriftsätze ). Die BRD und deren Regierungsparteien versuchten Alles um die Rechtsverfahren der Zwangsarbeiter zu ruinieren, bis hin zu missglückten Telefonaten mit Präs. Clinton.

Deshalb verwundert es mich auch nicht, dass Sie nun wieder in der Öffentlichkeit und einer geschlossenen Sitzung gezielt falsche Fakten berichten.

An dem hiesigen Beispiel können Sie exakt ablesen, warum wir die Opfervertretung am Runden Tisch begehren. Es würde dann nicht widerspruchslos zu einem Schlüsselthema referiert und irregeleitet und schon gar nicht dieser Unsinn dann auch noch in die Öffentlichkeit getragen. Aktuell gehe ich aber davon aus, dass ihr Vortrag widerspruchslos von den Teilnehmern applaudiert wurde und weitere Präzedenz zu Lasten der Opfer gesetzt wurde.

Mit freundlichen Grüßen

Michael Witti


ANLAGE 1:


» Jesus.de » Blickpunkt

Runder Tisch Heimerziehung: Beratung über Entschädigungslösungen

10.09.09

Der Runde Tisch Heimerziehung hat bei seinem vierten Treffen über Entschädigungslösungen gesprochen.

Die Vorsitzende des Runden Tischs, Antje Vollmer, sagte nach dem zweitägigen Treffen am Mittwoch in Berlin, mögliche Entschädigungen dürften nicht dazu führen, dass andere Opfergruppen brüskiert würden. Zudem wolle der Runde Tisch herausfinden, ob pauschale Entschädigungen möglich seien. Es stelle sich die Frage, ob ehemalige Heimkinder, die in bestimmten, besonders repressiven Einrichtungen waren, ohne Einzelfallprüfung entschädigt werden könnten.

Der Koblenzer Pädagoge Christian Schrapper, der im Auftrag der schleswig-holsteinischen Landesregierung die Geschichte der früheren Landesfürsorgeanstalt Glückstadt an der Elbe erforscht, sagte, Glückstadt sei eine «Endstation» gewesen. In diese Heime seien Jugendliche aus anderen Einrichtungen überwiesen und wie in Haft untergebracht worden. Das Heim habe die Funktion einer Strafanstalt für Jugendliche besessen und sei staatlicherseits kaum kontrolliert worden, obwohl die unhaltbaren Zustände bekannt gewesen seien, erläuterte Schrapper. Es habe mehrere solcher Endstationen in der Heimerziehung der frühen Bundesrepublik gegeben.

Insgesamt waren in den 50er und 60er Jahren rund 350.000 Kinder und Jugendliche in der Fürsorgeerziehung und weitere 500.000 in Kinder- und Jugendheimen untergebracht, überwiegend in kirchlicher Trägerschaft. Vielfach wurden sie gedemütigt, misshandelt und zur Arbeit gezwungen. Mit der Heimerziehung hatte sich der Petitionsausschuss des Bundestages zwei Jahre lang beschäftigt und die Gründung des Runden Tisches zur Aufarbeitung des Unrechts bewirkt. Das Gremium, in dem ehemalige Heimkinder und Experten sitzen sowie Vertreter von Bund, Ländern und der Kirchen, soll auch eine Empfehlung zu Entschädigungen abgeben.

Ob die Entschädigung der NS-Zwangsarbeiter als Modell dienen kann, blieb bei dem Treffen offen. Günter Saathoff, Vorstand der Stiftung Erinnerung, Verantwortung, Zukunft, welche die Zahlungen abgewickelt hat, machte deutlich, dass die Zwangsarbeitentschädigungen nur eine symbolische Zahlung an die Opfer bedeuteten. 1,66 Millionen Menschen hätten insgesamt 4,37 Milliarden Euro erhalten, was einer durchschnittlichen Zahlung von 2630 Euro entspreche.

Beim nächsten Treffen des Runden Tisches im November sollen die kirchlichen Heime im Mittelpunkt stehen. Im Januar kommenden Jahres will der Runde Tisch einen Zwischenbericht vorlegen. Insgesamt soll er zwei Jahre arbeiten.

( Quelle:
epd )
Labels:
Soziales, Heime, Runder Tisch Heimkinder


ANLAGE 2:

Bisher nicht im Internet vorhanden
( Internetveröffentlichung vielleicht auch garnicht vorgesehen )

Aktuelle Ausgabe „Süddeutsche Zeitung
vom Donnerstag, 10. September 2009
[ Seite ....( momentan nicht bekannt ) ]

Gedrillt, gequält, gedemütigt

Ehemalige Heimkinder diskutieren über Form einer möglichen Entschädigung

Von Matthias Drobinski

Berlin – Otto Behnck war gekommen und erzählte. Wie er nach Glückstadt kam, weil er lange Haare hatte und mal abgehauen war. Erzählte, dass es im Fürsorgeheim Häftlingskleidung gab und Schläge, und wer dann noch muckte, kam in den „Beruhigungsgitterkäfig“; noch 1969 benutzte die Heimleitung die alten Formulare der Nazis, nur das „Lagerkommandant“ durch „Heimleiter“ ersetzt war. Wer hier herkam, sollte gebrochen werden, umerzogen durch Drill, Diziplin und harte Arbeit, durch den Sadismus der Aufseher. So war es auch in Freistatt, Kreis Diepholz, nicht weniger berüchtigt, betrieben von den frommen Männern der Bodelschwinghschen Anstalten. Behnck hat geweint als er erzählte. „Ich bin noch ganz kaputt“, sagte Antje Vollmer, die Moderatorin des Runden Tisches „Heimerziehung in den fünfziger und sechziger Jahren“, danach.

Zum vierten Mal traf sich der Runde Tisch am Mittwoch [ 9. September 2009 ] zur nichtöffentlichen Sitzung, zum ersten Mal, nach dem Streit, ob Anwälte des „Verein ehemaliger Heimkinder“ am Tisch platznehmen dürfen, von denen einer Michael Witti heißt und bekannt dafür ist, den Konflikt zu suchen; das Berliner Kammergericht hat es ihm verwehrt. Das Thema [ am 8./9.09.2009 ] des zweitägigen Treffens berührte gleich den Kern der Debatte um mögliche Entschädigungen: Gab es besonders schlimme Heime, in denen Gewalt und Erniedrigung Teil des Erziehungssystems waren?

Es gab sie, sagt [ Prof. Dr. ] Christian Schrapper von der Universität Konstanz, der die Geschichte der Glückstädter Anstalt untersucht. Es waren die Heime, in die jene Jugendliche kamen, die andere Heime nicht mehr haben wollten. Sie wurden geführt wie Gefängnisse, sie waren ein rechtsfreier Raum. Die 6000 Jugendlichen, die zwischen 1945 und 1974 in Glückstadt waren, sollten entschädigt werden, findet der Professor, auch die in Freistatt, oder jene, die in Torgau waren, wohin die DDR jene Heranwachsenden brachte, die sie brechen wollte.

Doch was ist mit den anderen Heimen? Die Diskussion des Runden Tisches zeigte, dass es schwer sein wird, Kriterien zu finden. Auch dort wurden Kinder und Jugendliche misshandelt – aber war das Teil eines Systems? Ja, sagen viele ehemalige Heimkinder. Die Träger von Staat und Kirchen dagegen betonen: Nicht jede Arbeit war Zwangsarbeit, und viele Erzieher waren keine bösartigen Gewalttäter, sondern überfordert. Eine weitere Schwierigkeit tauchte auf: Wie hoch soll die Entschädigung sein? Antje Vollmer hatte Günter Saathoff von der Stiftung „Erinnerung, Verantwortung, Zukunft“ geladen, die ehemalige NS-Zwangsarbeiter entschädigt hatte. Er erzählte, dass dort 1,6 Millionen im Schnitt 2630 Euro erhielten.

Als Saathoff die Zahl sagte, war unter den Vertretern der Heimkinder Betretenheit zu spüren. So wenig Geld für die Opfer des NS-Unrechts, wie viel wird da für sie bleiben, die innerhalb des Rechtsstaats Unrecht erlitten? Bis Januar will der Runde Tisch Wege gefunden haben. Beim nächsten Treffen stehen erst einmal die kirchlichen Heime im Mittelpunkt. Es geht um Schläge im Namen des Herrn.


Empfänger dieses Schreibens vom 11. September 2009 ( „das Original“ ), und den Anlagen, waren, u.a.:

Von: Michael Witti [mailto:info@michaelwitti.de]
Gesendet: Freitag, 11. September 2009 10:44
An: 'Christian Denso'
Betreff: WG: Runder Tisch Heimerziehung -- Vortrag Günter Saathoff

Von: Michael Witti [mailto:info@michaelwitti.de]
Gesendet: Freitag, 11. September 2009 10:42
An: 'info@stiftung-evz.de'
Cc: 'antje.vollmer@bundestag.de'; 'anette.niederfranke@bmfsfj.bund.de'; 'erika.huxhold@bmas.bund.de'; 'marlene.rupprecht@bundestag.de'; 'klaus.schaefer@mgffi.nrw.de'; 'georg@georg-gorrissen.de'; 'mario.junglas@caritas.de'; 'hans.meyer@lwl.org.de'; 'loeher@deutscher-verein.de'; 'kruttschnitt@diakonie-bayern.de'; 'kroeger@diakonieverbund.de'; 'hansulrich.anke@ekd.de'; 'joerg.freese@landkreistag.de'; 's.djurovic@t-online.de'; 'lore@fleth-familie.de'; 'h.-s.wiegand@t-online.de'; 'sekretariat@dbk.de'; 'jugendhilfe@paritaet.org'; 'schrapper@uni-koblenz.de'; 'thomas.moersberger@t-online.de'; 'georg.recht@bmas.bund.de'; 'Michael Witti'

Betreff: Runder Tisch Heimerziehung -- Vortrag Günter Saathoff


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