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Saturday, November 13, 2010

„Heimopfer-Rechtsverfechter“ im Einsatz für „Ehemalige Heimkinder“: 9.11.2010 Schriftstück von Prof. Dr. Manfred Kappeler (Erziehungswissenschaftler)

Überaus zutreffend formulierte Text-Passagen: Auszüge aus einem 9-seitigen Schrüftstück von Prof. Dr. Manfred Kappeler ( Erziehungswissenschafler ) . Das vollständige Schriftstück ist hier zu finden @ http://www.veh-ev.info/archivpdf/profkappeler.pdf ( 9 Seiten der erste Teil und 3 Seiten der zweite Teil; insgesamt 12 Seiten )

»Prof. Dr. Manfred Kappeler: Vom „Zwischenbericht“ des Runden Tisches Heimerziehung zum Entwurf des „Endberichts“ – Zwischen den Zeilen gelesen II«

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»»» [ ... ]. Es kommt nicht darauf an, ob das den Kindern und Jugendlichen in der Heimerziehung angetane Unrecht „gesetzlich intendiert“ war oder nicht, und es kommt auch nicht darauf an, ob das tatsächlich geschehene Unrecht als „Ziel“ der Heimerziehung formuliert war oder nicht. Entscheidend ist allein die Tatsache, dass dieses Unrecht geschehen ist und dass es, allen Erkenntnissen, die der RTH in seiner „Aufarbeitung“ selbst zutage gefördert hat, systematisch verübt wurde. Das Unrecht hatte System und das System, das es produzierte, war mithin ein Unrechtsystem. Weil das System so war [ ... ], hat es zwangsläufig, also zwingend, Unrecht hervorgebracht. Dass es für dieses System verantwortliche Institutionen und Personen gab, dass es letztlich „von Menschen gemacht“ war und dass es, wie die wenigen Ausnahmen Gott sei Dank gezeigt haben, auch „vermeidbar“ gewesen wäre, wenn die Institutionen und Personen ihrer Verantwortung gerecht geworden wären, ist kein Beweis gegen das Unrechtsystem, sondern bestätigt es und lässt überhaupt erst die Frage nach Verantwortung und Schuld von Institutionen und Personen zu, die aus der Perspektive von Menschenwürde und Menschenrechten immer gestellt werden muss. «««

[ Seite 5 ]

»»» Im [ „Endberich“, d.h. im »Runder Tisch Heimerziehung« Abschlussbericht- ] „Entwurf“ wird versucht, die scharfe Kontroverse zwischen den Ehemaligen Heimkindern am RTH und der Mehrheit der InstitutionenvertreterInnen über die Frage der finanziellen Entschädigung zu verwischen, indem behauptet wird, „der Runde Tisch“ halte eine Qualifizierung der Heimerziehung als generelles Unrecht für „nicht angemessen und möglich“. Als dieser Satz formuliert wurde, lag der

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Entschädigungsvorschlag der Ehemaligen Heimkinder am Runden Tisch allen an diesem Gremium Beteiligten bereits seit einigen Monaten vor, indem von einem Unrechtsystem ausgegangen wird.

Noch einmal zurück zur „Systemfrage“. Mein Vorschlag, die Heime als den Kristallisationspunkt des „Systems Heimerziehung“ (auch die „Wege ins Heim“ gehören dazu) mit den von Goffman entwickelten Merkmalen der „Totalen Institution“ zu analysieren, ist vom RTH und auch von der ihn begleitenden wissenschaftlichen Forschung begrifflich aufgenommen, auf der beschreibenden Ebene angewendet und auf der analytischen Ebene zurückgewiesen worden. In ihrem Gutachten zu einer von uns gemeinsam betreuten Dissertation über die Heimerziehung der vierziger bis siebziger Jahre schreibt meine Kollegin Silvia Staub-Bernasconi, dass zur Totalen Institution Heimerziehung gehörte, „dass die Jugendlichen mit ihrer Arbeit die wirtschaftliche Existenz des Heimes zu sichern hatten. Dazu kam eine geografische und/oder bauliche, quasi-natürliche Beschränkung des sozialen Kontakts mit der Umwelt, verstärkt durch soziale Abschottung. Der Eintritt war mit erniedrigenden, entpersonalisierenden Ritualen bis zur Löschung des Eigennamens, der Abgabe aller persönlichen Gegenstände verbunden. Dazu gehörten auch unvoraussehbare Inspektionen, Zensur und Einsichtnahme in persönliche Post, Entzeitlichung des Aufenthalts, Isolationszelle bei Wasser und Brot, Drohung der Überweisung an noch strengere Institutionen usw. Ein solches Herrschaftssystem muss auch Sozial-beziehungen und Freundschaften – reziproke Interaktionsbeziehungen – unterbinden, da die durch mögliche Kollektivierung der allen gemeinsamen Probleme über soziale Interaktionen in einem übersichtlichen Sozialraum (…) zu einer Gefahr für die Machtträger des Systems werden kann.“

Die Erziehungsmethoden in den Heimen beschreibt Staub-Bernasconi als „methodisierte Gewalt, das heißt als körperliche, insbesondere sexuelle, medizinische, ferner psycho-physische, psychische und soziale Gewalt, begleitet von irrationalem, unberechenbarem Verhalten (Gewaltausbrüche, unvermittelte Eskalation usw.).“ Und weiter: „Die hier geschilderten Praxen können keineswegs als sporadische, bedauerliche Handlungen von Einzeltätern bezeichnet werden, sondern ‚sie haben System’, das heißt sie beschreiben die Normen und Regeln der institutionalisierten Heimordnung und deren Umsetzung durch die Inhaber hierarchischer Positionen in einer Sozialstruktur mit unterschiedlich formalisierter, negativer Befehls- und Sanktionsgewalt im Alltag. Und diese Heimordnung war nur auf bedingungslose Unterwerfung, Pflichterfüllung und absolutem Gehorsam ohne irgendein Recht auf Irgendetwas aufgebaut.“ Fast alle Heime des „Systems Heimerziehung“ – vom Säuglingsheim bis zum Fürsorgeerziehungsheim – hatten ähnliche Organisations-strukturen und Organisationskulturen „im Sinne von institutionalisierten horizontalen und vertikalen Positionen und festgelegten Pflichten (…) nach sozialen Innen- und Außenbeziehungen und den sich daraus ergebenden Verhaltensregeln und Strategien im Alltagsgeschehen (z.B. gezielt eingesetzte Bloßstellungen, Stigmatisierung,

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Essensentzug usw.).“2 Staub-Bernasconi plädiert dafür, die Erziehungspraxis in Totalen Institutionen und ihrer Folgen für die Menschen, die ihnen unterworfen waren, mit den Persönlichkeitsrechten (Recht auf Unversehrtheit, Freiheit etc.) und den Sozialrechten, wie finanzielle Entschädigung für Zwangsarbeit und soziale Sicherung im Alter, um deren aktuelle Einlösung es in den „Empfehlungen“ des RTH gehen muss, zu interpretieren. «««

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»»» Eine neue Dynamik würde entstehen, wenn ein Glied der „Verantwortungskette“ den Mut aufbringen würde, den Verweis auf die Kettendisziplin aufzugeben, öffentlich seinen Beitrag zur Entschädigung zu beziffern, zu versichern, diesen Betrag auch unabhängig von der Entscheidung der anderen „Kettenglieder“ zu zahlen. Mit der Wahrnehmung seiner ethischen und moralischen Verantwortung für das in den eigenen Heimen den Kindern und Jugendlichen angetane Unrecht und Leid, würde dieses „Kettenglied“ die Anderen in der „Kettenglieder“ auffordern, diesem Beispiel zu folgen. So ein Schritt – Heraus aus der Verschanzung hinter „den Anderen“ und „noch nicht geklärten Beträgen und Verfahrensweisen“ – stünde den beiden Kirchen und ihren Wohlfahrtsverbänden gut an. Sie würden damit ihrer von ihnen immer wieder reklamierten Bedeutung als das soziale Gewissen der Gesellschaft gerecht. Die „Verantwortungskette“ ist gegenwärtig eine Verantwortungsverhinderungskette geworden. Am deutlichsten wird das an der Position der Länder, die sich nur dann an einer finanziellen Entschädigung beteiligen wollen, wenn alle westdeutschen Bundesländer dem zustimmen. Was hindert eigentlich Nordrhein-Westfalen und Niedersachsen, die großen „rot-grün“ und „schwarz-gelb“ regierten sogenannten Flächenländer daran, für die Länder ein Beispiel zu geben?

Die Bereitschaft zur finanziellen Entschädigung ist die Nagelprobe darauf, ob die Rehabilitation Ehemaliger Heimkinder ernst gemeint ist und der RTH letztendlich die großen Hoffnungen, die bei seiner Gründung in ihn gesetzt worden sind, doch noch erfüllt. Wird diese Hoffnung enttäuscht, wird es zur „zweiten Traumatisierung“ vieler Ehemaliger Heimkinder kommen, mit der Folge von Verzweiflung, Wut und Aggression.
Abschließend sei noch einmal daran erinnert, dass die Ehemaligen Heimkinder, die in sogenannten Behinderten-Einrichtungen Leid und Unrecht erfahren haben, in vollem Umfang an Rehabilitation und Entschädigung beteiligt werden müssen.
Das Gleiche gilt für die Opfer der Heimerziehung der ehemaligen DDR, die seit langem ihre Anerkennung verlangen und auf einem Kongress in Erfurt am 17. November diese Forderungen öffentlich deutlich unterstreichen werden. «««

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»»» Die finanzielle Entschädigung ist der Hauptkonflikt in der Schlussrunde des RTH und in der Zeit danach. Aber auch die anderen, im Ganzen einvernehmlicher diskutierten Aktivitäten, allen voran die von den Ehemaligen Heimkindern geforderten „unabhängigen Stützpunkte“, müssen in den Empfehlungen eindeutig im Sinne der Ehemaligen Heimkinder formuliert werden – und auch ihre Realisierung wird Geld kosten.

Die Ergebnisse des Runden Tisches Heimerziehung und ihre praktische Umsetzung sind ein Prüfstein für die politische Kultur der alten und neuen Bundesrepublik, die sich als ein freiheitlicher demokratischer Rechtsstaat versteht, für den die Orientierung an den in der Verfassung garantierten Grundrechten, an der Menschenwürde und den Menschenrechten das oberste politische und ethische Gebot sein muss. «««
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2 Titel der Dissertation, auf die sich dieses Gutachten bezieht: Eilert, Jürgen. Psychologie der Menschenrechte – Menschenrechtsverletzungen im Deutschen Heimsystem 1945 bis 1973 im Spiegel von neun Lebensläufen, die dem Petitionsausschuss des Deutschen Bundestages am 11.12.2006 vorgetragen wurden. Freie Universität Berlin, Fachbereich Erziehungswissenschaft und Psychologie. 2010).


Siehe auch den Hinweis vom 12.11.2010 und die seitherigen Kommentare DAZU in Dierk Schaefers Blog @ http://dierkschaefer.wordpress.com/, d.h. den dortigen Beitrag mit der Überschrift »Prof. Dr. Manfred Kappeler: Vom „Zwischenbericht“ des Runden Tisches Heimerziehung zum Entwurf des „Endberichts“ – Zwischen den Zeilen gelesen II«



QUERVERWEIS: »„Heimopfer-Rechtsverfechter“ im Einsatz für „Ehemalige Heimkinder“: 9.11.2010 Schriftstück von Rechtsanwalt Christian Sailer über einen Fall in Bayern« @
http://heimkinderopfer2.blogspot.com/2010/11/heimopfer-rechtsverfechter-im-einsatz.html

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Jeder kann auch HIER einen sachbezogenen Kommentar in diesem EHEMALIGE HEIMKINDER BLOG Nr. 1 zu diesem »„Heimopfer-Rechtsverfechter“ im Einsatz für „Ehemalige Heimkinder“: 9.11.2010 Schriftstück von Prof. Dr. Manfred Kappeler (Erziehungswissenschaftler)«-Bericht – UND AUCH ZU JEDEM ANDEREN BERICHT IN DIESEM BLOG ! – abgeben, und ein jeder solcher Kommentar wird dann auch HIER für alle Leser sichtbar sein.
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Meine [ d.h. Martin MITCHELLs ] eigene momentane Unterschrift: Eine Verhandlung oder ein Verfahren ohne QUALIFIZIERTEN juristischen Rechtsbeistand, Recht und Gesetz ist wie ein Gebäude ohne Fundament – ein Kartenhaus, und ein Armutszeugnis für jede "Demokratie" und angeblichen "Rechtsstaat", wo versucht wird dies einzuschränken.

My [ ie. Martin MITCHELL’s ] own current signature: Negotiation with the perpetrators, your detractors and opponents without QUALIFIED legal counsel present and by your side throughout and at all times, and without reliance upon the law and jurisprudence, is like a building without a foundation – a house of cards, and any attempt at curtailment of these rights is clear evidence of incompetence, incapability and incapacity of a country’s "constitutionality" and it’s "democracy".

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Man darf nicht warten, bis der Freiheitskampf ‚Landesverrat‘ genannt wird.“ ( Erich Kästner )



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